Wahlleitungen besprechen praktische Umsetzung der Änderungen des Bundeswahlrechts


Der neue § 68 Abs. 2 Bundeswahlordnung sieht zur Sicherung der Geheimhaltung die Übergabe der verschlossenen Wahlurne, des Wählerverzeichnisses, der Abschlussbeurkundung sowie der eingenommenen Wahlscheine von Wahlbezirken mit weniger als 50 abgegebenen Wahlstimmen an einen anderen, aufnehmenden Wahlbezirk vor.

Die Verordnung des Bundes trifft aus Sicht von Landeswahlleiter Marcel Hürter vor allem Rheinland-Pfalz und hier die ländlichen Räume, da die rheinland-pfälzischen Kommunalstrukturen besonders kleinteilig sind. Dies gilt umso mehr, als bei der Bundestagswahl die Briefwahl gesondert ausgezählt werden muss.

Um den durch die Regelung entstandenen Herausforderungen gemeinsam begegnen zu können, hatte der Landeswahlleiter alle Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleiter bereits im Mai und nun erneut im Juni zu einer Videokonferenz eingeladen, um die verschiedenen Lösungsansätze diskutieren zu können.

Dabei ist die Bildung von Stimmbezirken über Gemeindegrenzen hinweg vor der Wahl für sehr kleine Gemeinden eine denkbare Option. Sie ermöglicht vorab eine eindeutige, organisatorische Festlegung. Eine andere – die des § 68 Abs. 2 BWO – ist die Auszählung in einem Nachbarstimmbezirk, also der Transport der Wahlurne nach Schließung des Wahlraums. Bei der Zusammenlegung bestehen die Möglichkeiten von Fahrdiensten in die Nachbargemeinde oder die Entgegennahme der Stimmabgaben durch so genannten bewegliche Wahlvorstände in Gemeinden ohne Wahlraum.

Nach aktuellem Stand werden die für die konkrete Umsetzung und Entscheidung zuständigen Kreiswahlleitungen hier differenziert vorgehen, um der konkreten Situation vor Ort bestmöglich gerecht zu werden.

Hürter machte in dem Gespräch deutlich, dass die Entscheidungen in den Wahlkreisen getroffen werden. Wichtig für die schnelle Ergebnisfeststellung sei, angemessene Vorbereitungen zu treffen. Bei der gemeinsamen Auszählung sollte möglichst vor der Wahl feststehen, in welche Nachbargemeinde die Wahlurne gebracht wird.

Die starre 50er-Grenze in der Bundeswahlordnung hatte der Landeswahlleiter gegenüber dem zuständigen Bundesinnenministerium und der Bundeswahlleitung deutlich in Frage gestellt. Da die Problematik sehr kleiner Wahlbezirke aber in keinem Bundesland so stark greift wie in Rheinland-Pfalz, blieb der Vorstoß ohne Erfolg. Rheinland-Pfalz hat die größte Zahl an Gemeinden mit weniger als 300 Einwohnern. Diese Einwohnerzahl hatte die Landeswahlleitung aus Erfahrungen früherer Wahlen als kritische Grenze für die Gefahr von weniger als 50 Stimmen bei der Urnenwahl identifiziert. Landesweit sind das etwa 650 der insgesamt rund 2.300 Gemeinden.

Zur kleinteiligen Gemeindestruktur kommt der seit Jahren wachsende Briefwahlanteil. Anders als bei Landtagswahlen werden die Briefwahlstimmen bei der Bundestagswahl zentral ausgezählt, in der Regel auf Verbandsgemeindeebene. Bei der Bundestagswahl 2017 hatten fast 35 Prozent per Brief gewählt. Bei der Landtagswahl 2021 waren es – auch pandemiebedingt – rund 66 Prozent.

In einer Einladung an die Kreiswahlleitungen zu einer Besprechung im Mai wurde die Thematik ausführlich dargestellt.